Die wiedergefundenen Malereien im Billardsaal und die dekorativen Arbeiten des Pietro Isella in der Villa Lanna in Gmunden
In Fachkreisen geschätzt, in der Öffentlichkeit unbekannt, gilt er wohl im Zusammenhang mit allen größeren Bauprojekten der Wiener Ringstraße als einer der bedeutendsten und meistbeschäftigten Dekorationsmaler von hohem Niveau.
Mit viel Liebe zum Detail malte er z.B. die ornamentalen Partien in der Wiener Oper, im Kunst- und Naturhistorischen Museum, dem Parlament, dekorierte den Pavillon der Kaiserin bei der Wiener Weltausstellung und das Rudolfinum in Prag. Er schuf den Dekor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute MAK), führte nach Entwürfen Eduard van der Nülls die Innendekoration der Altlerchenfelder Kirche in Wien aus und exekutierte nach dem Tode Hans Makarts gemeinsam mit anderen namhaften Malern die ornamentale Ausstattung im Schlafzimmer der Kaiserin Elisabeth in der Hermesvilla in Lainz.
Aber vor allem hätten wir ohne sein Zutun nicht die Vorstellung eines Gesamtkunstwerkes des 19. Jahrhunderts, wie es die Villa Lanna in Gmunden repräsentiert. Denn diese erfüllt in ihrem Streben nach stilistischer und formaler Einheit von Architektur, Malerei, Plastik, Kunsthandwerk, Gartenkunst und der damit untrennbar verbundenen Dekorationsmalerei, die in der Antike und Renaissance sehr beliebt war und im 19. Jh. wieder an Bedeutung gewann, diesen Gedanken. Phantasievoll und wohl durchdacht, belebt die dekorative Malerei, die von den Flächen der Räumlichkeiten samt imposantem Glasfenster des Stiegenhauses Besitz nimmt, die Wände und macht die große Einheitlichkeit der architektonischen Gliederung deutlich.
Isella dokumentierte seine dekorativen Arbeiten inklusive jener der Villa Lanna in diversen Mappen, die allesamt heute in der Österreichischen Natiobalbibliothek aufbewahrt werden.
Nach Gmunden kam der gebürtige Tessiner, seit 1874 auch Wiener Künstlerhausmitglied, wahrscheinlich mit seinem Schwiegervater Gustav Gugitz, dem Architekten der Villa Lanna, in dessen Hände übrigens nach dem Tode Siccardsburgs und Van der Nülls die Fertigstellung der Oper gelegt wurde.
Eine Besonderheit in Isellas OEuvre sind die nunmehr freigelegten Bilder im Billardsaal der Villa Lanna in Gmunden. Dort war er versteckt, der Schatz aus dem 19. Jh. Hinter Holzverbauten verschwunden, zeitweilig vergessen. Auf seine Spur kam man bereits Anfang der 1990iger Jahre im Zuge einer kunstgeschichtlichen Aufarbeitung der Villa, denn erwähnte Mappen bargen auch die Illustrationen für den Billardsaal[1]. Und der Neugierde des nunmehrigen Hausherrn Clemens Trauttenberg ist seine Befreiung zu verdanken.
Zum Vorschein kamen illusionistische, Gobelins imitierende Ölmalereien auf grober Leinwand. Dargestellt ist jeweils eine offene Wand mit Ausblick auf eine Terrasse, den Anschein einer Laube erweckend. Karyatiden und Atlanten, ganzfigurig oder teilweise aus Blättern wachsend und halbfigurig als Hermen, tragen, auf hohen Podesten stehend, das Gebälk einer weinlaubbewachsenen Pergola. Eine an einen Triumphbogen erinnernde illusionistische Architektur, geschmückt mit einem Fruchtfeston, ist die Darstellung des einzigen bis dato freigebliebenen Mittelteiles der östlichen Wand.
Dass die Bilder den Großteil des 20. Jahrhunderts hinter Holzwänden konserviert und jahrzehntelang kaum Verschmutzungen noch Licht ausgesetzt waren, kann man vielleicht als Glück bezeichnen, denn ihr Erhaltungszustand – sie sind nicht gefirnist – ist entsprechend gut.
[1]Therese Pechböck, Die Villa Lanna in Gmunden, Architektur-Ausstattung-Restaurierung. Ein Beitrag zur personalen Inszenierung in der Villenarchitektur im Historismus, Salzburg 1992