Alexander Kottulinsky und Georg Spiegelfeld-Schneeburg

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FORDERUNGSKATALOG Verein Historische Gebäude Österreich

GEMEINSAM HISTORISCHE GEBÄUDE ERHALTEN – ZEITGEMÄSSE LÖSUNGEN SIND 2017 UNVERZICHTBAR

verfasst von Georg Spiegelfeld-Schneeburg und Alexander Kottulinsky

In Österreich stehen laut Auskunft des Bundeskanzleramtes mit Stichtag März 2016 insgesamt 37 731 unbewegliche Denkmale rechtskräftig unter Denkmalschutz. Die aktuelle Verteilung dieser Baudenkmale nach Eigentumsverhältnissen ergibt sich aus einer Schätzung des Jahres 2011: Rund 12 500 Objekte sind Eigentum von Privatpersonen, 10 900 Objekte befinden sich im Besitz von Gemeinden, 10 100 Objekte gehören verschiedenen Religionsgemeinschaften; der Rest verteilt sich auf die öffentliche Hand sowie auf Firmeneigentum (Quelle: BKA). Dies bedeutet, dass sich noch immer der größte Anteil von Objekten dieser Art unter der Verantwortung von Privatpersonen befindet – allerdings gelten für sie ähnliche Herausforderungen wie für alle anderen Eigentümergruppen.

In Zukunft wird es unumgänglich sein, Lobbying für das baukulturelle Erbe, aber auch für deren Eigentümer und Verantwortliche zu betreiben. Die unbefriedigende Situation, einerseits im Grundbuch die Anmerkung vorzufinden, die Erhaltung des Denkmals sei im öffentlichem Interesse gelegen und gewissen Beschränkungen unterworfen, und andererseits neben Kontrolle und Erschwernis mit lediglich unzureichender Unterstützung rechnen zu dürfen, gleichzeitig aber mit einer Fülle an teilweise unerreichbaren Normen konfrontiert zu sein, wird auf Dauer zu großen unwiederbringlichen Verlusten im Bereich des baukulturellen Erbes führen. Dies bedeutet einen katastrophalen Substanzverlust für die gesamte Gesellschaft eines entwickelten Landes, in dem Kultur und Tourismus, aber auch Identität und Verwurzelung in der Geschichte eine unverzichtbare Rolle spielen.

Aufgrund des dringenden Änderungsbedarfes schlagen wir deshalb vor:

– eine einheitliche Bauordnung, speziell für Denkmale, samt einem eigenen Sachverständigendienst, der spezielle Einschulungen in der Denkmalpflege erhält;

– einheitliche Richtlinien im Bereich denkmalgeschützter Objekte für die jeweiligen Gewerbeordnungen der Länder sowie der Arbeitsinspektorate und Brandverhütungsstellen;

– die Ermöglichung einer sanften Bewirtschaftung und Nutzung der Objekte im Sinne der Substanzerhaltung und Wirtschaftlichkeit sowie

– finanzielle Anreize, die, wie vielfach geprüft, durch zusätzliche qualifizierte Handwerkerarbeit in den Denkmalen für das Staatssäckel mehr als aufkommensneutral sein werden.

Im Einzelnen:

– Ausgaben, die im Sinne der (als weit zu fassender Begriff verstandenen) Denkmalpflege getätigt werden, sollen in Zukunft als Sonderausgaben in unbegrenzter Höhe von der Einkommensteuerbemessungsgrundlage abzuziehen sein, soweit sie keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen.

– Bei Verlusten dieser Art soll keine Liebhaberei im Hinblick auf die Einkommen- und Umsatzsteuer im Zusammenhang mit entgeltlicher Überlassung von denkmalgeschützten Gebäuden angenommen werden (derzeit gegenteilige Vermutung!).

– Da einerseits diese Objekte meistens direkt in den Gemeinden eine positive Wirkung auf z. B. Besucher, Touristen und sonstige Interessierte haben und andererseits komplizierte Bewertungsprobleme bei Grundverkehrsabgaben wegfallen würden, soll es zu einer völligen Befreiung von Grund- und Grundverkehrssteuern kommen.

– Veranstaltungen sollen generell von Lustbarkeitsabgaben befreit werden, sofern diese in denkmalgeschützten Objekten stattfinden.

– Ein weiterer Bereich bei den Gemeindeabgaben sind die meist völlig ungeeigneten Gebührenordnungen für gemeindeeigene Dienste wie z. B. Wasser und Kanal. Hier sollte der Auftrag des Gesetzgebers an die Gemeinden ergehen, begünstigende – und nicht erschwerende! – Abgaben im Bereich der Denkmale einzuführen.

– Fehlende finanzielle Ressourcen aufseiten der Eigentümer sollten mittels öffentlich garantierter und dementsprechend günstiger Kredite, z. B. durch die Europäische Investitionsbank, sichergestellt werden.

– Sämtliche vorgeschlagenen Maßnahmen sollen auf Rechtsansprüchen beruhen und der Qualitätskontrolle des Bundesdenkmalamtes unterworfen sein.

Mithilfe solcher Verbesserungen, deren Anwendung in diversen europäischen Ländern bereits stattfinden und die Hand in Hand mit einer umfassenden Ausbildung umgesetzt werden müssen, sollte es möglich sein, das reiche baukulturelle Erbe unseres Landes in unbeschädigter Form an die nächsten Generationen weiterzugeben.

Geplant ist, die Initiative des Österreichischen Bundesrates, der dank seines damaligen Präsidenten, Prof. Dr. Gottfried Kneifel, eine diesbezügliche Enquete ins Leben rief, in einer Arbeitsgruppe fortzuführen und in enger Kooperation mit dem Verband Land&Forst Betriebe Österreich sowie mit einschlägigen Vereinen (wie z. B. dem Österreichischen Burgenverein) diesbezügliche Vorschläge an den richtigen Stellen zu platzieren.

Die Eigentümer denkmalgeschützter Objekte sind gut beraten, mit dem Bundesdenkmalamt zusammenzuarbeiten und den reichen Schatz der Erfahrungen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich zu nutzen. Die wahren Probleme liegen nicht im Bereich des Denkmals, solange man dieses lediglich nutzen und nicht verwerten oder zerstören will, sondern ergeben sich aufgrund einer Fülle anderer auf die Denkmale wirkender Normen.

In Oberösterreich sehen wir diesbezüglich gerade ein sehr gutes Beispiel: Die Diözese Linz wird aufgrund von diversen Bestimmungen zu Fluchtwegen, Brandschutzordnung etc. gezwungen, die Burg Altpernstein, den kirchlichen Begegnungsort der Katholischen Jugend in Oberösterreich, nach über 60 Jahren des erfolgreichen und unfallfreien (!) Betriebs zu schließen …