„… es muss eine Situation geschaffen werden, die es in Österreich möglich macht, historische Gebäude sinnvoll zu erhalten.“
Mag. Martin Böhm, Sprecher der Initiative DENKmal.KULTUR, im Interview mit dem Verein Historische Gebäude Österreich
Die Initiative DENKmal.KULTUR ist ein Zusammenschluss jener Organisationen, die das gemeinsame Ziel haben, das österreichische kulturelle Erbe auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Ihr gehören der Verein Historische Gebäude Österreich, die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., die Burghauptmannschaft, Klösterreich – Verein zur Förderung aller kulturellen und touristischen Aktivitäten der Klöster, Orden & Stifte Österreichs, die Land&Forst Betriebe Österreich, die Österreichische Bundesforste AG, die Österreichische Gesellschaft der Denkmalfreunde, die Österreichische Gesellschaft für historische Gärten, die Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. und der Zentralverband Haus und Eigentum an. Die Initiative DENKmal.KULTUR fordert in ihrem Positionspapier rechtliche, administrative und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die den Erhalt und die Nutzung von historischen Objekten ermöglichen. Nun gilt es, die gefassten Vorsätze rasch umzusetzen. Wir wollen wissen, welche Impulse man von Mag. Martin Böhm erwarten darf.
VHGÖ: Herr Mag. Böhm, Sie sind Präsident der Österreichischen Gesellschaft der Denkmalfreunde und im Hauptberuf geschäftsführender Gesellschafter des Dorotheum. Wann wurden Sie zum Sprecher der Initiative DENKmal.KULTUR gewählt und was motiviert Sie persönlich, diese Aufgabe zu übernehmen?
Mag. Böhm: Die Initiative DENKmal.KULTUR hat sich vor einem Jahr gebildet. Sie besteht aus vielen wesentlichen Proponenten des Denkmalschutzes in Österreich, aus vielen Organisationen, die selbst Besitzer historischer Häuser sind. Diese lose Vereinigung hat 2018 anlässlich des Kulturerbejahres eine große Enquete zu dem Thema „Zukunft Denkmal – DENKmal.Zukunft“ veranstaltet. Aufgrund der guten Zusammenarbeit haben wir beschlossen, diese Plattform weiterzuführen. Und ich wurde gefragt, ob ich die Funktion eines Sprechers übernehmen möchte, was ich gerne angenommen habe, da mir der Denkmalschutz ein großes Anliegen ist. Wir alle sind der Initiative der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe für die Gründung dieser Plattform dankbar.
VHGÖ: Bei der fulminanten Enquete vergangenen September im Dorotheum im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 wurde das Positionspapier zur „Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingung für Baudenkmäler“ präsentiert. Offen dafür zeigte sich in Vertretung von Kulturminister Blümel der Nationalratsabgeordnete Andreas Ottenschläger, der bei seiner Begrüßung von einem „gemeinsamen Startschuss“ sprach. Also ein klarer Schritt in Richtung der geforderten Rahmenbedingungen. Gibt es nun diesbezüglich schon weiterführende Gespräche mit der Regierung?
Mag. Böhm: Ja, es gibt Gespräche auf verschiedenen Ebenen und natürlich auch konkrete Vorschläge, die, in einem Positionspapier verfasst, an diverse Stellen weitergereicht wurden. Allerdings ist die Thematik sehr komplex, da diese in mehrere Gesetzesmaterien eingreift. Deshalb wird es auch sicher länger dauern und bedarf einer spezifischen Herangehensweise. Wichtig ist, dass die Kräfte der Mitglieder unserer Initiative gebündelt werden.
Es geht um grundlegend wichtige Forderungen für den Fortbestand historischer Gebäude in Österreich, die es deren Eigentümern erleichtern sollen, diese zu erhalten. Dafür sollte meiner Meinung nach ein Paradigmenwechsel insofern herbeigeführt werden, als die Unterschutzstellung eines Gebäudes nicht als „Bestrafung“, sondern als Auszeichnung empfunden werden sollte. Hierfür ist es aber zum einen notwendig, einen Lastenausgleich herbeizuführen, und zum anderen müssen diverse Normen dahingehend abgeändert werden, dass die historische Bausubstanz Vorrang vor neuen Baunormen hat. Es ist unsinnig, eine Flut neuer Baunormen auf historische Gebäude anzuwenden. Niemand würde ernsthaft fordern, bei Oldtimern die gleichen Standards wie für neue Autos einzufordern – bei historischen Gebäuden geschieht dies aber. Oft ist dies jedoch unmöglich oder führt zu enormen Kosten. Vor allem das Haftungsrecht stellt hier ein großes Problem dar, denn es stellt sich die Frage, wer dafür haftet, wenn zum Beispiel die Anbringung eines Geländers abgelehnt wird und ein Unfall passiert.
VHGÖ: Wie gehen Sie als Sprecher konkret an die Politik heran?
Mag. Böhm: Es liegt leider in der Natur der Sache, dass die angesprochenen Materien in verschiedenen Ministerien und Fachabteilungen angesiedelt sind, was die Sache nicht vereinfacht. Daher werden Gespräche mit den jeweils zuständigen Beamten und Fachleuten geführt, um die zuständigen Personen für die Thematik zu sensibilisieren und die verschiedenen Punkte zu platzieren. Wichtig ist, verständlich zu machen, was aus unserer Sicht notwendig ist, um unser historisches Erbe zu erhalten.
VHGÖ: An die positive Stimmung nach der Enquete ist nun, ein halbes Jahr später, in der weiteren Phase rasch anzuknüpfen.
Mag. Böhm: Genauso machen wir das, aber Gesetzgebungsprozesse sind komplex und daher nicht in ein paar Tagen erledigt. Aber ich glaube, dass die Politik jetzt wirklich gefordert ist, in Sachen Denkmalschutz aktiv zu werden. Die Idee unserer Initiative ist es, diese wichtigen Themen gemeinsam aktiv anzugehen. Jede in unserer Initiative inkludierte Organisation hat wichtige eigene Kontakte und ist in dem jeweiligen Bereich sehr aktiv. Aber jede Organisation hat natürlich auch ihre eigenen spezifischen Themen: Die Denkmalfreunde fordern zum Beispiel den Umgebungsschutz für Denkmäler wie in Frankreich, damit neben einem Denkmal wie beispielsweise der Karlskirche, einem der wichtigsten Sakralbauten Österreichs, kein belangloses Bürogebäude hochgezogen werden kann. International ist so etwas undenkbar.
VHGÖ: Werden Sie mit den Mitgliedern, die hier vereinigt sind, regelmäßig Kontakt halten bzw. Gespräche führen?
Mag. Böhm: Wir haben vor, uns mehrmals im Jahr zu treffen und uns auszutauschen.
VHGÖ: Was wird sich in nächster Zeit tun?
Mag. Böhm: Es ist sehr wichtig, die Öffentlichkeit und die Politik dahingehend zu sensibilisieren, dass es hier um ein ganz wichtiges Thema geht: den Erhalt unseres kulturellen Erbes und auch unseres wunderbaren Lebensraums, der Kulturlandschaft, der einmaligen Dörfer und Altstädte Österreichs. Für unsere Initiative ist es essenziell, die Breite des Themas „Denkmalschutz“ zu betonen. Im Bewusstsein der Öffentlichkeit stehen immer die Schlösser im Vordergrund. Es gibt ca. 200 dauerhaft bewohnte Schlösser in Österreich, aber über 30.000 historische Gebäude und Kulturdenkmäler. Deshalb ist es für die Breitenwirkung entscheidend, in unserer Initiative Vertreter dieser Gebäude zu haben. Dieses gemeinsame, alle Bauwerke umfassende Interesse müssen wir der Politik klar darstellen. Ein positiver Aspekt ist, dass die generelle Aufmerksamkeit und die Sensibilität für die Themen des Denkmalschutzes generell hoch sind und durch den Schulterschluss unserer Initiative noch verstärkt wahrgenommen werden können. Wir bringen unsere Anliegen mit Dringlichkeit vor, da aber längere Prozesse involviert sind, werden wir auch nicht gleich mit allen Forderungen durchdringen. Wir werden aber in vielen Einzelgesprächen alles tun, um unsere Themen voranzutreiben und die Situation für historische Gebäude in Österreich zu verbessern.
Interview: Therese Backhausen