Europa Nostra Awards 2019

PRESSEMITTEILUNG

Zeituhr 1938 unter den Preisträgern des

Europäischen Kulturerbepreises / Europa Nostra Awards 2019

 

Den Haag, 21. Mai 2019 – Die Gewinner des Europäischen Kulturerbepreises / Europa Nostra Awards 2019, Europas renommiertester Auszeichnung auf diesem Gebiet, die vom Programm Kreatives Europa unterstützt wird, wurden heute von der Europäischen Kommission und Europa Nostra, dem führenden europäischen Kulturerbenetzwerk, bekanntgegeben. 25 Preisträger aus 16 Ländern wurden für ihre beeindruckenden Leistungen in den Bereichen Erhaltung, Forschung, ehrenamtliches Engagement sowie Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung ausgezeichnet.  Unter den Preisträgern in der Kategorie Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung ist Zeituhr 1938, ein in Wien durchgeführtes Projekt. Die Gewinner werden bei einem hochkarätigen Festakt zur Verleihung des Europäischen Kulturerbepreises am 29. Oktober in Paris während des Europäischen Kulturerbekongresses geehrt.

Die Europa Nostra Awards werden auch an zwei bemerkenswerte Leistungen aus europäischen Ländern vergeben, die nicht am EU-Programm Kreatives Europa teilnehmen, nämlich die Schweiz und die Türkei.

Bürger aus ganz Europa und der ganzen Welt können jetzt online über den Publikumspreis abstimmen und Unterstützung für die Siegerleistung(en) aus ihrem eigenen oder einem anderen europäischen Land mobilisieren.

Zu den 2019 ausgezeichneten Persönlichkeiten und beispielhaften europäischen Initiativen gehören: die behutsame Wiederherstellung der Kapelle des Heiligen Grabtuches in Turin, einem ikonischen Ort des religiösen Kulturerbes, der 1997 durch einen Brand zerstört und nun wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde; das digitale Archiv der Sinti und Roma, ein international zugänglicher Ort, der Kulturen und Geschichten der Sinti und Roma sichtbar macht und auf Stereotype mit selbst erzählten Gegengeschichten reagiert; das Engagement einer der ältesten Nichtregierungsorganisation für das Kulturerbe in Europa, die sich seit über 175 Jahren für den Denkmalschutz in Norwegen einsetzt, sowie ein Ausbildungsprogramm für vertriebene, fachkundige Kulturerbespezialisten aus Syrien, das von einem deutschen Institut in Istanbul durchgeführt wird und als ein eindrucksvolles Vorbild für Länder in und über Europa hinaus dient.

Die Europäische Kommission und Europa Nostra haben außerdem einen Sonderpreis für das europäische Kulturerbe zu Ehren der Pariser Feuerwehr angekündigt. Die Feuerwehrleute der Stadt hatten gemeinsam mit der Polizei und Denkmalschützern die Flammen, die die Kathedrale von Notre Dame in der Nacht vom 15. April verwüsteten, mutig und fachkundig bekämpft und das Hauptschiff sowie die darin befindlichen kostbaren Artefakte erfolgreich vor einer vollständigen Zerstörung bewahrt. Die separate Pressemitteilung zu diesem Sonderpreis können Sie hier lesen.

„Ich bin sehr stolz darauf, allen Gewinnern des Europäischen Kulturerbepreises / Europa Nostra Awards 2019 gratulieren zu können. Diese Helden des Kulturerbes – Fachleute und Freiwillige aus ganz Europa – haben etwas wirklich Erstaunliches geleistet. Ihre Arbeit zur Wiederherstellung, Erhaltung, Unterstützung oder Förderung von Europas Denkmälern und Kulturerbestätten als auch seines immateriellen Kulturerbes ist von höchster Qualität. Die Auszeichnungen sind ein Beweis für die enormen Auswirkungen, die Kulturerbeprojekte auf unsere Wirtschaft, unsere Umwelt, unsere Kultur und unsere Lebensqualität haben. Europas Kulturerbe ist ein Schlüsselfaktor für Europas Zukunft und für unseren Wohlstand. Das ist eine wichtige Botschaft für alle EU-Bürger und alle zukünftigen Entscheidungsträger in den EU-Institutionen im Vorfeld der anstehenden Europawahlen“, erklärte Plácido Domingo, der renommierte Opernsänger und Präsident von Europa Nostra.

 „Unser kulturelles Erbe ist unsere gemeinsame Ressource, ein Vermächtnis aus der Vergangenheit, auf dem wir unsere Zukunft aufbauen können. Es hat seinen Platz in den Herzen der Menschen und in ihrem täglichen Leben – und trägt entscheidend zur Bildung eines Zusammengehörigkeitsgefühls bei. Das Europäische Kulturerbejahr, das wir 2018 gefeiert haben, hat diese wichtige Rolle deutlich gemacht. Jetzt ist es unsere Aufgabe, sie in den kommenden Jahren weiter zu fördern. Die diesjährigen Gewinner des Europäischen Kulturerbepreises / Europa Nostra Awards tragen mit ihrem Engagement und mit der Qualität ihrer Arbeit zu diesen Bemühungen bei, und ich gratuliere ihnen herzlich“, sagte Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport.

Die mit Denkmalschutzexperten aus ganz Europa besetzten unabhängigen Auswahlkommissionen haben insgesamt 149 Bewerbungen ausgewertet, die von Organisationen und Einzelpersonen aus 34 europäischen Ländern eingereicht wurden, um die Gewinner auszuwählen.

Die Gewinner werden beim Festakt zur Verleihung des Europäischen Kulturerbepreises gefeiert, der gemeinsam von EU-Kommissar Tibor Navracsics und Maestro Plácido Domingo ausgerichtet wird und unter der Schirmherrschaft des Präsidenten der Französischen Republik, Emmanuel Macron, am Abend des 29. Oktober in Paris stattfindet. Während des Festaktes werden die unter den diesjährigen Gewinnern ausgewählten sieben Grand-Prix-Preisträger (von denen jeder EUR 10.000 erhält) und der Gewinner des Publikumspreises bekannt gegeben.

An der Preisverleihung werden hochrangige Vertreter von EU-Institutionen und der Mitgliedsstaaten, führende Vertreter von Denkmalschutzorganisationen sowie engagierte Fachleuten und Unterstützer aus ganz Europa  teilnehmen.

Die Preisträger werden ihre Leistungen im Bereich des Kulturerbes auf der Excellence Fair am 28. Oktober vorstellen. Sie werden auch zu verschiedenen anderen Veranstaltungen des Europäischen Kulturerbekongresses beitragen, der vom 27. bis 30. Oktober 2019 stattfinden wird.

Die Ausschreibung für die nächste Ausgabe des Preises wird im Juni 2019 auf der entsprechenden Webseite veröffentlicht.

 

 

ANSPRECHPARTNER

 

Europa Nostra

Audrey Hogan, ah@europanostra.org

Telefon +31 70 302 40 52; Handy +31 63 1 17 84 55

 

 

Europäische Kommission

Nathalie Vandystadt

nathalie.vandystadt@ec.europa.eu, +32 2 2967083

WEITERE INFORMATIONEN

 

Über die Preisträger:

Informationen und Kommentare der Jury,

hochauflösende Fotos und Videos

 

Pressemitteilung in verschiedenen Sprachen

 

Webseite von Kreatives Europa

Webseite von EU-Kommissar Navracsics

 Preisträger 2019

(alphabetisch nach Land geordnet)

Kategorie Erhaltung

Schloss Montreuil Bonnin, FRANKREICH

Befestigte Siedlung in Mutso, GEORGIEN

Kapelle des Heiligen Grabtuchs, Turin, ITALIEN

Kathedrale des Heiligen Bavo, Haarlem, NIEDERLANDE

Königin Louise Stollen, Zabrze, POLEN

Mittelalterliche Zehntscheune, Ingatorp, SCHWEDEN

Pavillion zur Ausstellung archäologischer Funde, Celje, SLOWENIEN

Lithica-Steinbruch von s’Hostal, Menorca, SPANIEN

Oratorium des Partal-Palastes der Alhambra, Granada, SPANIEN

Ruhmespforte, Santiago de Compostela, SPANIEN

Yr Ysgwrn, Trawsfynydd, Wales, VEREINIGTES KÖNIGREICH

 Kategorie Forschung

​Solak 1: ein Modell Model vorausschauender Archäologie, ARMENIEN/ITALIEN​

VERONA: Van Eyck Forschung in OpeN Access, BELGIEN

RomArchiv – Digitales Archiv der Sinti und Roma, DEUTSCHLAND

Kategorie Ehrenamtliches Engagement

VVIA – Flämische Vereinigung für industrielle Archäologie, BELGIEN

Fortidsminneforeningen – Nationaler Treuhandfonds Norwergens, NORWEGEN

Kategorie Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung

TUMO Zentrum für Kreative Technologien, Yerevan, ARMENIEN

DENKMAL EUROPA, DEUTSCHLAND

Betina-Museum des Holzschiffsbaus, KROATIEN

Zeituhr 1938, Wien, ÖSTERREICH

Stewards of Cultural Heritage, DEUTSCHLAND

Griechische Kulturpfade, Athen, GRIECHENLAND

Commonlands: Kartierung von Kulturgemeinschaften im Alpenraum, Nationalpark Val Grande, ITALIEN

Le Dimore del Quartetto, Mailand, ITALIEN

Ein Platz an der königlichen Tafel, Warschau, POLEN

 

Ein Europa Nostra Award wird auch an zwei bemerkenswerte Kulturerbeleistungen aus europäischen Ländern vergeben, die nicht am EU-Programm Kreatives Europa teilnehmen.

 

Kategorie Erhaltung

Boğaziçi Universität Gözlükule Ausgrabungs-Forschungszentrum, Tarsus, TÜRKEI

 Kategorie Ehrenamtliches Engagement

Herr Léonard Gianadda, Martigny, SCHWEIZ

 

Zeituhr 1938, Wien, ÖSTERREICH

Am 11. und 12. März 1938 wurde Österreich vom nazionalsozialistischen  Deutschland annektiert. Das Projekt „Zeituhr 1938“ wurde zum 80. Jahrestag  von einer Gruppe von Filmemachern, Zeitgeschichtlern und Programmierern  gegründet um die Geschichte der Ereignisse und Beschlüsse zu schildern, die damals zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs geführt haben. Dieses  aufwendige digitale Projekt wurde produziert von Dr. Frederick Baker und  seiner unabhängigen Medienproduktionsfirma „Filmbäckerei“ in Zusammenarbeit mit Dr. Heidemarie Uhl, Dr Michaela Raggam-Blesch, Dr Eva Gressel and Pauli  Ars von der Akademie der Wissenschaften in Wien, digital engineering by Thomas Prieler (Web-Tech) Christoph Kovacs/ Gernot Huber (Sensotix) and design Raimund Schumacher (Lost in the Garden). Gefördert wurden sie vom Fonds des Österreichischen Bundeskanzleramtes zum Gedenkjahr 2018, vom Nationalfonds der Opfer des Faschismus, vom Österreichischen Zukunftsfonds, vom Fonds der Wiener Studentenforschung, von der Akademie der Wissenschaften und vom Haus der Geschichte Österreichs.

Am Jahrestag des „Anschlusses“ im März 2018, hat das „Zeituhr“-Projekt Tausende User über Internet erreicht, sowie im Radio, im Fernsehen und über Mobiltelefonen, ebenso in analogen Medien wie z.B. Postkarten, Vorträgen und Druckmedien. Das Bemerkenswerteste war, daß das Bundeskanzleramt am Ballhausplatz als Projektionsfläche gedient hat auf der die Geschichte des „Anschlusses“ gezeigt wurde mittels Filmen, Photos und Tonaufnahmen. Während des „Anschlusses“ war hier der Ort des Machtkampfes zwischen den österreichischen Nazis (die Befehle aus Berlin befolgten), und dem letzten österreichischen Bundespräsidenten. Seit „Zeituhr“ erstmals im März erschien, ist seine Wirkung ungebrochen. Es ist die erste digitale Ausstellung auf der Website des neuen „Haus der Geschichte Österreichs“ in Wien.

Die Jury meinte: „Dieses Projekt hat neue Medien verwendet und ein Licht auf bedeutende historische Momente geworfen, denen entscheidende politische Entwicklungen folgten. Forschungsdrang war die treibende Kraft, die diese historische Schilderung auslöste, das kollektive Gedächtnis von Augenzeugen wurde angeregt.“

Die digitale Form der „Zeituhr 1938“ macht sie für viele User zugänglich, auch jüngeren Altersgruppen, die über den „Anschluss“ nur in ihren Geschichtsbüchern gelesen haben. „Das Projekt hat ein beeindruckend entworfenes, interaktives Webportal welches das Erlebnis des Users steigert und für junge User besonders reizvoll ist.“ stellte die Jury fest. „Dieses Projekt bewahrt nicht nur immaterielles Kulturgut, sondern stellt auch sicher, daß es zukünftigen Generationen klar verständlich gemacht wird.“

„Dieser neuartige Zugang ermöglicht ein nuancierteres Verständnis persönlicher Verantwortung um Demokratie und allgemeine Werte der Gesellschaft zu sichern. Es formuliert die Gefahren von organisierter Propaganda, die in Verbindung mit willfährigen Medien demokratische Werte  untergraben kann, und unzutreffende kulturelle und soziale Tendenzen fördern kann“ führte die Jury aus.

Weitere Informationen: Fred Baker | fb346@cam.ac.uk

Hintergrund

Europäischer Kulturerbepreis / Europa Nostra Awards

Der Europäische Kulturerbepreis / Europa Nostra Awards wurde 2002 von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen und wird seitdem von Europa Nostra durchgeführt. Der Preis zeichnet beispielhafte Projekte in den Bereichen Erhaltung, Forschung, Ehrenamtliches Engagement, Bildung und Kommunikation aus und fördert sie. Dadurch schafft er ein größeres Bewusstsein dafür, dass kulturelles Erbe eine strategische Ressource für Europas Wirtschaft und Gesellschaft ist. Der Preis wird vom Programm Kreatives Europa der Europäischen Union gefördert.

In den letzten 17 Jahren haben Organisationen und Einzelpersonen aus 39 Ländern insgesamt 3.032 Bewerbungen für die Preise eingereicht. Bei den Bewerbungen pro Land steht Spanien mit 527 Projekten an erster Stelle, gefolgt von Italien mit 308 Einsendungen und dem Vereinigten Königreich mit 299 Bewerbungen. Die meisten Einsendungen nach Kategorien gab es für Erhaltung (1.744). Es folgen Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung (555), dann Forschung (381) und schließlich Ehrenamtliches Engagement (352).

Seit 2002 haben die Fachjurys 512 Preisträger aus 34 Ländern ausgewählt. Wie bei der Bewerbungszahl führt Spanien mit 67 Auszeichnungen. Großbritannien steht an zweiter Stelle (61 Preise) und Italien an dritter (45 Preise). Bei den Kategorien gab es die meisten Gewinner im Bereich Erhaltung (291), gefolgt von Bildung, Ausbildung und Bewusstseinsbildung (82), Ehrenamtliches Engagement (76) und schließlich Forschung (63).

Insgesamt wurden 116 Grand Prix für herausragende Kulturerbe-Initiativen unter den Preisträgern vergeben, die jeweils mit EUR 10.000 dotiert waren.

Der Europäische Kulturerbepreis / Europa Nostra Awards stellt bewährte Verfahren („best practices“) heraus, fördert den grenzüberschreitenden Wissenstransfer und vernetzt die verschiedensten Stakeholder miteinander. Die Gewinner profitieren in vielfältigster Weise von ihrer Auszeichnung, zum Beispiel durch gesteigerte (inter)nationale Bekanntheit, zusätzliche Fördermaßnahmen und wachsende Besucherzahlen. Darüber hinaus fördern die Auszeichnungen ein besseres Verständnis für unser gemeinsames Kulturerbe in der breiten Öffentlichkeit. Die Preise sind daher ein wichtiges Instrument, um Europas Kulturerbe zu fördern.

Europa Nostra

Europa Nostra ist der pan-europäische Verbund von Nichtregierungsorganisationen im Kulturerbebereich, der auch von einem großen Netzwerk von öffentlichen Einrichtungen, privaten Firmen und Einzelpersonen unterstützt wird.  Mit Mitgliedern in mehr als 40 europäischen Ländern ist die Organisation ein Sprachrohr der Zivilgesellschaft, die sich für den Schutz und die Förderung des kulturellen und natürlichen Erbes Europas einsetzt. Das 1963 gegründete Europa Nostra wird heute als das repräsentativste Kulturerbenetzwerk in Europa angesehen. Der weltberühmte Opernsänger Plácido Domingo ist der Präsident der Organisation.

Europa Nostra  setzt sich für den Erhalt von Europas gefährdeten Denkmälern, Kulturerbestätten und Landschaften ein, insbesondere durch sein Programm „Die 7 Meistgefährdeten“. Herausragende Leistungen werden mit dem Europäischen Kulturerbepreis / Europa Nostra Awards ausgezeichnet. Des weiteren leistet Europa Nostra einen Beitrag zur Formulierung und Umsetzung von europäischen Strategien und Politik im Bereich Kulturerbe, auch durch einen strukturierten Dialog mit den europäischen Institutionen und die Koordinierung der European Heritage Alliance 3.3.

Kreatives Europa

Kreatives Europa ist das EU-Programm zur Förderung des Kultur- und Kreativsektors, um dadurch seinen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum zu erhöhen. Mit einem Budget von EUR 1,46 Mrd. für den Zeitraum 2014-2020 fördert dieses Programm Organisationen aus den Bereichen Kulturerbe, Darstellende Kunst, Bildende Kunst, Interdisziplinäre Kunst, Verlagswesen, Film, Fernsehen, Musik und Videospiele sowie zehntausende von Künstlern, Kultur- und Medienschaffenden. Die Förderung ermöglicht es ihnen, in ganz Europa tätig zu werden, neue Publikumsschichten zu erschließen und die im digitalen Zeitalter benötigten Kompetenzen entwickeln zu können.