Newsletter Sommer 2020
Wichtige Änderung des Umsatzsteuersatzes für Gastronomie und Kultur
Die Mehrwertsteuer für die Gastronomie und für den Kultur- und Publikationsbereich wird auf 5 % gesenkt.
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Veranstaltung der Initiative.DENKmal.KULTUR
am Montag, 28. Sept. 2020, 18:30 Uhr in Wien
Details folgen
Es darf uns nicht gleichgültig sein, wie es um uns herum aussieht
Interview: Therese Backhausen
Zu den Höhepunkten der MONUMENTO 2020 in Salzburg gehörte auch heuer wieder ein Vortrag von Mag. Tarek Leitner, Journalist und ORF-Fernsehmoderator. Sein diesjähriges Thema „Gestalten statt Verschandeln – Wider die Wegwerfarchitektur“ fand bei zahlreichen fachkundigen Besucherinnen und Besuchern großen Anklang.
Tarek Leitner setzt sich neben seiner beruflichen Tätigkeit schon seit Jahren kritisch mit unserer gebauten Umgebung auseinander. Für Aufmerksamkeit sorgte er mit seinen Büchern „Mut zur Schönheit – Streitschrift gegen die Verschandelung Österreichs“ und „Wo leben wir denn? Glückliche Orte. Und warum wir sie erschaffen sollten“. Es sind dies aufrüttelnde Plädoyers für eine neue Alltagsästhetik bzw. gegen die Wegwerfästhetik unserer Zeit.
Wir sprachen mit dem Autor über glückliche Orte, verwaiste Ortszentren im ländlichen Raum, über Wegwerf- und austauschbare Architektur, Zersiedelung sowie Ressourcenverschwendung.
VHGÖ: Zählen Sie historische Gebäude wie Burgen und Schlösser zu glücklichen Orten?
Tarek Leitner: Sie bieten jedenfalls die Möglichkeit dazu, Menschen – seien es Bewohner oder Besucher oder auch nur Passanten, die daran vorübergehen – glücklich sein zu lassen. Ein schöner Ort lässt uns immer die Unzumutbarkeiten des Alltags ein Stück leichter ertragen. An den von Ihnen genannten Orten ist es die Kleinteiligkeit der Bauwerke, sind es die Überraschungen, die das Auge beim Betrachten erfährt, die uns erfreuen. Wir bleiben hängen und können etwas wirken lassen, etwas entdecken. Es ist das Gegenteil dessen, was uns die glatte Fassade ermöglicht. Dort erfassen wir zumeist alles auf einen kurzen Blick. Außerdem: Früheres kann alt werden, Neues oft nur kaputt.
VHGÖ: Muss es zwangsläufig ein Kulturgut, ein historisch gewachsener Ort sein, an dem wir uns wohlfühlen und gerne leben? Oder kann auch eine am Reißbrett entstandene Architektur ein glücklicher Ort sein?
Tarek Leitner: Natürlich könnte es auch ein auf dem Reißbrett entstandener Ort sein, aber interessanterweise schaffen wir das auf solche Weise nicht. Wir wissen zwar grundsätzlich, was uns anzieht, was es ist, das einen Ort zu einem glücklichen Ort macht – aber wir setzen das kaum um. Als Touristen zieht es uns fast alle an die gleichen Orte. Als Touristen wissen wir ganz genau, wo es schön ist. Als Touristen wissen wir, wo es sich gut einen Kaffee trinken und die Seele baumeln lässt. Da objektivieren wir die Schönheit geradezu. Aber wenn es etwa darum geht, städtebaulich oder landschaftsplanerisch solche schönen Orte zu erschaffen, dann vergessen wir diese Charakteristika schnell, die uns sonst so anziehen. Dann verbannen wir sogar den Begriff der Schönheit aus unserem Vokabular.
VHGÖ: Wir können in kürzester Zeit einen Bau überall hinstellen. Die Einbeziehung planerischer Alternativen zu bedenken ist doch sinnvoll. Sollen nicht Faktoren wie Materialität, Lebensdauer und Instandhaltung eine größere Rolle spielen?
Tarek Leitner: Natürlich sollte das so sein, aber das kann man nicht – und soll man auch nicht – verordnen. Bemerkenswert ist doch, dass die Menschheit in ihrer Siedlungs- und Baugeschichte noch nie so viele und so sehr ins Detail gehende Normen hatte und doch mancherorts so hässliche Lebensumgebungen hervorbringt. Es hilft eben nichts, wenn man – oft von den Errichtern als Schikane empfunden – Tausende Vorschriften zur Firstausrichtung und zur Fensterunterteilung und zum Dachmaterial hat, und daneben stellt dann eine Diskontmarktkubatur buchstäblich alles in den Schatten.
VHGÖ: Schauen wir in den ländlichen Raum: Das Leben in Ortszentren ist verloren gegangen, Geschäfte in historisch gewachsenen Häusern sind verwaist, teilweise verfällt ihre Bausubstanz. Dafür sind gesichtslose, auf Effizienz getrimmte Konsumzonen austauschbarer Wegwerfarchitektur – genehmigt ohne Einschränkungen – in der Peripherie entstanden. Baut die Wegwerfgesellschaft heute immer mehr Wegwerfarchitektur?
Tarek Leitner: Ja, so kann man das ausdrücken, und so habe ich das auch in meinem Buch „Wo leben wir denn?“ beschrieben. Das Absurde dabei ist, dass wir das als Allgemeinheit auch noch subventionieren. Nicht direkt durch Subventionen im rechtlichen Sinn, aber durch Anreize, die wir Unternehmen geben, damit sie ihr Bauwerk an eine bestimmte Stelle setzen. Der billigste Preis, der jedem Denkenden schon ein schlechtes Gewissen machen muss, ist nur durch eine fast kostenlose Fläche zu erzielen. Wir haben nicht unendlich viel davon.
VHGÖ: Was sind die größten Bausünden der letzten Jahre?
Tarek Leitner: Für mich sind das nicht einzelne planerische Fehlgriffe, sondern die großflächige Verschwendung von Landschaft durch Zersiedelung und grenzenlose Ausbreitung aller Funktionalitäten von Bauwerken. Den Bodenverbrauch einzuschränken ist in vielerlei Hinsicht notwendig – auch aus ästhetischer.
VHGÖ: Warum akzeptieren wir, dass im Namen der Wirtschaftlichkeit der Raum, in dem wir leben, vergeudet und verunstaltet wird?
Tarek Leitner: Die Ökonomisierung hat in viele Lebensbereiche, wo sie nicht hingehört, Einzug gehalten: in den Bildungsbereich, in die Gestaltung des familiären Lebens, in die körperliche Fitness, in die kommunale Verwaltung und damit in die Gestaltung unseres Lebensraums. Wenn uns jemand erklärt, dass sich das rechnet, dann sind wir meistens bereit zu sagen: Na, dann macht halt … Aber wir müssen manchmal ganz gegen unsere reflektierte Differenziertheit sagen: Nein, das ist schiech, das wollen wir nicht!
VHGÖ: Ist es zu einfach, auf die grüne Wiese auszuweichen?
Tarek Leitner: Leider noch immer. Wir betrachten es geradezu als Menschenrecht, überall alles und jederzeit hinstellen zu können. Wir halten es kaum aus, wenn etwas ungenutzt ist. Da kann ich nur auf die letzte Antwort verweisen.
VHGÖ: Wird nicht zu viel kostbare Fläche für Einfamilienhäuser, Kleingartensiedlungen oder eingeschoßige Gewerbebauten mit Parkplätzen vergeudet?
Tarek Leitner: Momentan ja. Aber es gibt zum Glück immer mehr Initiativen, mehrgeschossig zu bauen, Stellplatzverordnungen anders zu regeln, in den Ortskernen zu verdichten und Altes umzunutzen. Darauf müssen wir ein Auge haben.
VHGÖ: Die Menschen sind auf das Auto angewiesen, der Verkehr steigt …
Tarek Leitner: Ich würde sagen, wir bauen vielfach so, dass wir die Menschen auf das Auto anweisen – das ist etwas anderes. Bei der demografischen Entwicklung unserer Bevölkerung sollten wir daher auch aus anderen Gründen darauf schauen, dass Menschen ihren Alltag zu Fuß bestreiten können.
VHGÖ: Ist die Klimapolitik eine Lösung? Österreich muss – wie alle europäischen Industriestaaten – bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Heißt das nicht wieder hin zu mehr Urbanität? Wohnen, arbeiten und einkaufen müssen wieder näher zusammenrücken.
Tarek Leitner: Urbanität hat viele Vorteile, und diese Vorteile lassen sich auch am Land herstellen, etwa durch Verdichtung der dörflichen Strukturen und durch organisches Wachstum, eins ans andere anschließend. Urbanität ist nicht monströse Infrastruktur und Überkopf-Wegweiser.
VHGÖ:Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach die Raumplanung, die meist als Bürde empfunden wird? Kann man mit der Raumplanung gegen die Zersiedelung gestalten?
Tarek Leitner: Sie gehört ohne Zweifel zu den schwierigsten Dingen. Und zwar, weil es so viele Interessen gibt, die da hineinspielen. Aber eine wichtige Erkenntnis für mich ist in diesem Zusammenhang, dass Raumplanung heute ausschließlich durch Normen geschieht, wo wir etwas haben wollen und wo nicht. Das lässt sich immer wieder ändern, und das ist die Gefahr. Wir müssen uns Grenzen – und zwar undurchdringliche – errichten, die uns die Natur nicht mehr gibt. Lawinenzonen, Hochwassergebiete, Moore, Wälder oder hochalpines Gelände sind längst keine Grenzen mehr für unsere Siedlungstätigkeit. Diese Grenzen sind heute ausschließlich rechtliche Grenzen. Und die schaffen wir uns selbst.
VHGÖ: Was sind Ihre Wünsche?
Tarek Leitner: Es würde mich sehr freuen, wenn viele Menschen an den Orten ihres Lebens – dort, wo sie wohnen und arbeiten, und auf allen ihren Wegen dazwischen – zuweilen in sich hineinspüren, was sie empfinden. Das wäre schon ein erster Schritt, so manches Hässliche zu verhindern. Wir wissen doch im Urlaub – und jetzt komme ich wieder auf uns als Touristen zurück –, dass eine schöne Zeit nur an einem schönen Ort verbracht werden kann. Deshalb sagen wir auch nie: Verbringen wir doch den heurigen Urlaub an einem schiechen Ort. Das tut man nicht, weil man weiß, dass man dann auch keine schöne Zeit hat. Legen wir doch diese Maßstäbe für die wenigen Wochen im Jahr, die wir woanders verbringen, auch an unsere Heimat an!
VHGÖ: Herr Leitner, danke für das Gespräch.
NEUES VON DER SCHLÖSSERSTRASSE
Die neue Schlösserstraßenkarte ist da! Objekte aus der Steiermark, Burgenland, Slowenien und Kroatien kamen hinzu, sodass die Anzahl auf 41 Mitglieder erweitert hat.
Kartenansicht bitte hier klicken:
Die Mitglieder sehen Sie auf www.schloesserstrasse.com
Sendung verpasst?
Dreiteilige Filmreihe „Die Burgen und Schlösser Österreichs“:
Vom Vulkanland ins Schilcherland
Südburgenland
Die Oststeiermark
Wenn Sie die 3 Sendungen verpasst haben: sie sind noch bis 09. Juli 2020 in der 3sat-Mediathek kostenlos abrufbar.
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Neues Leben im geschichtsträchtigen Thalhof
Therese Backhausen
Nach einer umfassenden mehrjährigen Renovierung ist das unter Denkmalschutz stehende Gebäudeensemble Thalhof in Reichenau an der Rax im Heute angekommen. Die Familie Dr. Josef Rath, die die Familie Waissnix nach über 200 Jahren als Eigentümer ablöste, schuf im historischen Ambiente mit viel Feingefühl und denkmalpflegerischem Bewusstsein ein großzügiges Appartementhaus sowie eine Seminar- und Kulturlocation. Während seiner 400-jährigen Geschichte war der Thalhof im 19. Jahrhundert ein touristischer Hotspot. Mit seinen Salons, der hervorragenden Küche und über hundert Gästezimmern entwickelte sich das gefragte Spitzenhotel zum Sommerdomizil der Wiener Ringstraßengesellschaft, des Adels sowie berühmter Künstler und Literaten.
Fotos: © Thalhof
Das später sehr mondäne und überlaufene Reichenauer Tal war zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch unberührt und dem Topografen und Reiseschriftsteller Franz Carl Weidmann, selbst jahrelanger Gast im Thalhof, nur eine kurze Meldung wert: „Reichenau, Dorf von 46 Häusern mit 545 Einwohnern …“ [1] In einem Nachsatz hielt er es dann doch noch für wichtig, die Schönheit der Landschaft zu preisen. Das Potenzial genau dieser Schönheit in Großstadtnähe wurde bald erkannt, auch von einzelnen Bahningenieuren und Bahnlobbyisten, die wie Eduard Warrens oder Matthias Ritter von Schönerer im Zuge des Baues der Südbahn in den 1850er-Jahren in Grundstücke und Häuser investierten, die ihnen als Sommer-Séjours dienen sollten.
Damals war der im Jahre 1652 als Landgut erstmals urkundlich erwähnte, vermutlich aber ältere Thalhof noch eine Bauernwirtschaft. Diese wuchs nach Erlangung des Tavernenrechtes im Jahre 1823 unter dem geschäftstüchtigen Ignaz Waissnix, seit 1810 durch Einheirat neuer Besitzer, im Laufe von 20 Jahren zu einem renommierten Gasthaus mit steigender Beliebtheit und allem Komfort heran. Begünstigt durch seine Lage mit der Rax vor den Fenstern und dem Schneeberg in der Nähe als Ausgangspunkt für anspruchsvolle Wanderungen, beherbergte der Thalhof – 1840 wurde das Haupthaus verlängert und aufgestockt – schon zu Beginn des aufkeimenden Tourismus in der Biedermeierzeit neben einfachen Gästen auch Mitglieder des Adels, der Musik- und Theaterwelt sowie Literaten wie etwa Ferdinand Raimund und Nikolaus Lenau.
Doch wie immer war es letztlich die Präsenz der kaiserlichen Familie selbst, die auf die Sommergesellschaft besondere Anziehungskraft ausübte. So war es 1851 Kaiser Franz Josef persönlich, der, obgleich seine Sommerfrischeaktivität primär im Salzkammergut lag, im Thalhof Quartier nahm, der sich einen Ruf als erstklassiges Gebirgshotel erworben hatte. Und der Monarch kam die nächsten vierzig Jahre beinahe jährlich zur Jagd. Als im Jahr 1859 Reichenau der guten Luft wegen zum Feriendomizil für die minderjährigen Kaiserkinder Rudolf und Gisela auserkoren wurde, überschlugen sich die Zeitungen damit, dies anzukündigen. Für die Gastwirtfamilie Waissnix, die dafür die eben erbaute Rudolfsvilla zur Verfügung stellte, bedeutete dies einen enormen Aufschwung. Zudem mietete sich auch noch der Bruder des Kaisers dort ein, bevor er mit der Errichtung seiner Villa Wartholz die Mondänität des Ortes förderte.
Die Zu- und Anbauten zwischen ca. 1855 und 1890, in denen der mehrteilige Gebäudekomplex sukzessive zum Grand Hotel umgestaltet wurde, läuteten die glanzvollste Zeit des Thalhofs ein. Neben dem Naturgenuss war mit Sicherheit für dessen exzellenten Ruf letztlich auch die Qualität der Wirtsleute maßgeblich, die ihren Gästen ein schönes Ambiente boten. Das Who’s who der prominenten Klientel logierte hier: Schauspieler, Sänger, Wissenschaftler, Bankiers, Literaten, Theater- und Opernintendanten sowie Minister, Diplomaten und Militärs. Es wurde geschrieben, gefeiert, musiziert und getanzt. Große Theateraufführungen, Sommerfeste und Bälle waren eine liebgewordene Tradition, auch für zwei bedeutende Schriftsteller: Arthur Schnitzler, der der charismatischen, von Peter Altenberg und der restlichen Männerwelt ebenfalls umschwärmten Wirtin Olga Waissnix besonders zugetan war, schrieb im Sommer 1900 im Thalhof die Novelle Leutnant Gustl.
Nach Olgas Tod ging gegen Ende des 19. Jh. die glänzendste Epoche des Thalhofs zu Ende. Obwohl sich der familiären Note wegen – vielleicht spielte auch seine Etablierung zum Kurhotel eine gewisse Rolle – in den Folgejahren noch immer neue Gäste einmieteten, logierte die Crème der Gesellschaft in den in Reichenau neu entstandenen modernen Hotels, die zu ernst zu nehmenden Konkurrenten wurden. Oder sie traf sich am Semmering, der mit seinen großen Hotels und Villen nun zur Beletage der Monarchie geworden war.
Die Einschränkungen und die Lebensmittelknappheit während des Ersten Weltkrieges, seine Verwendung als Notspital sowie Reisebeschränkungen, daraus resultierende Schulden und Schwierigkeiten während der Zwischenkriegszeit, seine Beschlagnahmung im Zweiten Weltkrieg, vor allem aber die schweren Devastierungen durch die russische Besatzung, setzten dem Haus arg zu. Der marode Thalhof erholte sich trotz Umstrukturierung zum F.-X.-Mayr-Kurhotel oder jüngerer, erfolgreicher Projekte in Erinnerung an die vergangene Theatertradition als Theaterbühne, von den jahrelangen Geschäftseinbußen nicht mehr.
Fotos: © Thalhof
Der Aktivität der neuen Besitzer ist es zu verdanken, dass der kulturgeschichtlich so bedeutende Thalhof über die letzten Jahre zu einem vorbildlich sanierten Ensemble wurde und so seiner neuen Nutzung als Appartementhaus bzw. Seminar- und Kulturlocation zugeführt werden konnte. Für die Adaptierung taten tiefgreifende Sanierungen not. Basis der Vorgehensweise war eine bauhistorische Untersuchung des gesamten Objektes. Die Befunde der Bauuntersuchung wurden durch dendrochronologische Datierungen, archivalische Quellen und kunstgeschichtliche Methoden vor Ort ergänzt, sodass sich die Baugeschichte des Gebäudes in seiner Dichte belegen lässt.
Obwohl von der alten Bausubstanz noch sehr viel erhalten war, waren fortschreitender Verfall und Baufälligkeit, Feuchtigkeit und Schmutz unübersehbar. Die historische Substanz der Epochen von Biedermeier, Ringstraßenzeit und Moderne zu erhalten und behutsam zu renovieren, war für die Familie Rath oberste Prämisse und zugleich eine gestalterische Herausforderung. Zu den ersten Arbeiten zählte die Notsicherung des schwer beschädigten und einsturzgefährdeten, seit dem Zweiten Weltkrieg brachliegenden ehemaligen Hoteltraktes. Wasserschäden entlang der Dachtraufen führten zur Abmorschung der Deckenbalken und damit, verteilt über beide Obergeschoße, zu einigen punktuellen Deckeneinstürzen. Die großflächigen Putzabplatzungen an der Fassade machten das darunterliegende Mauerwerk sichtbar. Der desolate Gesamteindruck wurde durch breite Risse an den Innenwänden und fehlende Fensterflügel verstärkt. Die anderen Häuser befanden sich, mit Ausnahme von Putz- und Feuchtigkeitsschäden, ansonsten in relativ gutem Zustand.
In der Folge wurden Anbauten der Nachkriegsjahre, wie z. B. der Garagen- und Küchenzubau der 1970er-Jahre, entfernt, das Areal von Müll und Schutt befreit, das Gelände gerodet, drainiert und neu angelegt. Sämtliche unterirdischen Zu- und Ableitungen für Telefon, Gas, Wasser, Strom und Kanal wurden neu hergestellt sowie ein Tennisplatz neu angelegt.
Fest stand auch, dass die Raumstrukturen des 1890 erbauten Speise- bzw. Ballsaales sowie der angrenzenden Salons original erhalten bleiben sollten. Da sich der große Saal im devastierten Hoteltrakt befindet, wurde hier mit der Sanierung begonnen, bei der u. a. die Friese instand gesetzt wurden. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und nach strengen denkmalpflegerischen Vorgaben wurden in Folge Dächer, Fassaden, Fenster und Terrassen nach dem Vorbild der Originale saniert, wiederhergestellt bzw. rückgebaut. Vorhandene Originalelemente wie Böden, historische Treppen bzw. freigelegte Schablonenmalereien blieben weitestgehend erhalten oder wurden angemessen ergänzt. Die Kapelle wurde nach historischen Plänen wiederaufgebaut.
Die für die neue Nutzung notwendigen Einrichtungen wurden in neuer Formensprache artikuliert, sodass ein harmonisches Ganzes entstand. So war es notwendig, für die Implementierung der Appartements für kurz- und langfristige Aufenthalte die früheren sehr kleinen Gästezimmer zu erweitern bzw. zusammenzulegen sowie Bäder einzubauen.
Im ehemaligen Kurhaus entstanden Appartements, die in Erinnerung an ihre oftmaligen Aufenthalte in der Gegend in der entsprechenden Ausstattung Adolf Loos bzw. den Protagonisten der Wiener Werkstätte Josef Hoffmann, Kolo Moser oder Carl Otto Czeschka huldigen. Letzterer war oftmals Gast im Thalhof, erhielt er doch über Vermittlung von Karl Wittgenstein im Jahr 1906 den Auftrag zum Umbau des östlichen Gebäudes in ein Kurhotel. Im Biedermeiertrakt wiederum erinnern die Räume an Sigmund Freud, Arthur Schnitzler oder Kaiser Franz Josef.
Im Zuge der aufwendigen Gesamtsanierung konnte der gesamte Komplex mit seinen Gebäuden sein ursprüngliches Erscheinungsbild wiedergewinnen. Mit Blick zurück auf die kulturelle Vergangenheit werden Kunst und Kultur im Rahmen von „Klassik am Thalhof“ auch künftig wieder eine Rolle spielen. Ein bemerkenswertes Baudenkmal hat eine neue Zukunft bekommen.
[1] Franz C. Weidmann, Wegweiser auf Streifzügen durch Österreich und Steyermark, Wien 1836, S. 76
Literatur: Robert Pap, Der Thalhof bei Reichenau a. d. Rax, 2015
Andrea Aschauer, Der Thalhof in Reichenau an der Rax, Geschichte.
Bestandsaufnahme. Revitalisierung, Diplomarbeit, Wien 2014
SAVE THE DATE
Das für den 07.04.2020 geplante
SEMINAR ON THE EUROPEAN UNION AND ACCESS TO FUNDS
musste wegen der Coronapandemie abgesagt werden
Neuer Termin:
18.11.2020
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem LINK hier…..
Das rumänische Projekt Ambulance for Monuments gewinnt den europäischen Preis für kulturelles Erbe
Ambulance for Monuments, ein Projekt, das 2016 gestartet wurde, um hunderte von denkmalgeschützte Gebäude in Rumänien zu retten, ist einer der Gewinner der European Heritage Awards 2020 im Bereich Bildung, Ausbildung und Sensibilisierung.
Die Europäische Kommission und Europa Nostra haben am Donnerstag, den 7. Mai, die Gewinner der European Heritage Awards / Europa Nostra Awards 2020 bekannt gegeben. Europas höchste Auszeichnung im Bereich des Kulturerbes ging an 21 beispielhafte Erfolge aus 15 europäischen Ländern, darunter das Projekt Ambulance for Monuments in Rumänien
„Die beeindruckende Sammlung der Preisträger in diesem Jahr reicht von der Restaurierung des Rubens-Gartenpavillons in Antwerpen bis zur Wiederbelebung des Renaissance-Arsenals auf der Insel Hvar in Kroatien. Das transeuropäische Netzwerk „Tramontana “ widmet sich dem Thema der Erforschung des materiellen und immateriellen Erbes von Bergregionen wie der sensiblen Erhaltung einer Kulturlandschaft, die von unterirdischen Höhlen und Weingütern in der Provinz Burgos (Spanien) gebildet wird sowie der Wiedergeburt der durch das verheerende Erdbeben von 2009 schwerbeschädigten, beeindruckenden Basilika Santa Maria di Collemaggio in l ‚ Aquila (Italien) oder der Ambulance for Monuments mit einem Notfallteam von Handwerkern, die bereit sind, das gefährdete Erbe in Rumänien zu retten. Genauso auch dem „Scanning for Syria“ bzw.einem Forschungsprojekt in den Niederlanden zu einer großen Ausstellungen anläßlich des 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, die in Coproduktion zwischen Polen und Spanien organisiert wurde „, heißt es in der Pressemitteilung. Vollständige Liste hier….
In einer online veröffentlichten Videobotschaft gratulierte der Prince of Wales den Freiwilligen von Ambulance for Monuments zu ihrer bemerkenswerten Errungenschaft.
Die lokale NGO Asociatia Momomentum startete 2016 die Ambulance for Monuments. Die Notfallmaßnahmen werden von Experten, Studenten und ausgebildeten Handwerkern freiwillig mit Unterstützung der örtlichen Gemeinden und Behörden durchgeführt. In den letzten vier Jahren wurden zahlreiche Eingriffe in lokale, nationale und Welterbestätten wie Kirchen, Mühlen, Herrenhäuser, Bahnhöfe und Ruinen historischer Befestigungsanlagen durchgeführt. Die Freiwilligenteams haben daran gearbeitet, beschädigte Dächer zu ersetzen, Wände vor dem Einsturz zu schützen, eine ordnungsgemäße Wasserableitung zu implementieren und Wandmalereien zu stabilisieren.
Buchempfehlungen
Berlin – Linz
Wie mein Vater sein Glück verbrauchte
Tarek Leitner
„Ich hielt das Leben meines Vaters für das allerunspektakulärste“, sagt Tarek Leitner – keine Heldentaten, keine menschlichen Abgründe, keine tragischen Schicksalsschläge. Und doch berührt die Geschichte das Leben seiner Familie in der Bischofstraße in Linz. Dort war das Zentrum des Februaraufstands 1934, dort lebte Adolf Eichmann und der letzte vor dem Holocaust geborene Linzer Jude. Das Buch erzählt anhand zweier Reisen von Berlin nach Linz, einmal durch das nationalsozialistische Deutschland von 1938, einmal durch das in Trümmern liegende Deutschland von 1945, die bewegende Geschichte seines Vaters. Beide Male reiste er auf der Reichsautobahn: Einmal als 12-Jähriger am Steuer eines neu gekauften Wagens, einmal auf dem Fahrrad, das er gegen seine Uhr eingetauscht hatte. Konnte man damals überhaupt „unpolitisch“ sein? Ist das Glück eines Menschen endlich, und wie viel davon verbraucht das Überleben im Krieg? Eine Erzählung über das Aufregende im vermeintlich Unspektakulären.
ISBN 978-3-7106-0420-1
€ 30,00
Wo leben wir denn?
Glückliche Orte und warum wir sie erschaffen sollten
Tarek Leitner
Unser Bewusstsein wird nicht zuletzt durch unsere Lebensumgebung geformt. Zeige mir, wie du baust, und ich sage dir, wer du bist, schrieb nicht umsonst schon Christian Morgenstern. Die gebaute Umgebung wirkt auf unseren Charakter, es darf uns
daher nicht gleichgültig sein, wie es um uns herum aussieht. Wir haben es in der Hand – und das vergleichsweise leicht – unsere gesamte Lebensumgebung nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Weil es so einfach geworden ist, Gebäude – welcher Art auch immer –
in kürzester Zeit zu errichten, brauchen wir keine überlegte Entscheidung zu treffen. Die Maybe-Gesellschaft geht vom Vielleicht aus: Wir lassen uns im Privaten und im Beruflichen so lange wie möglich alles offen. Das Credo von der Flexibilität überträgt sich auf unsere gebaute Umgebung. Dieser Zustand des Alles-zugleich-haben-wollens-und-das-sofort bildet
sich in der Landschaft ab: ungeplant, achtlos, verschwendend – eine Wegwerfarchitektur, die unsere Umgebung schlicht verunstaltet. Ohne Sinn für Ästhetik stellen wir die Landschaft
zu: Kommerz und Kitsch bestimmen unseren Alltag – auch auf bauliche Weise. Nur wenn wir die Machtfrage stellen, können wir die Schönheit in unserer Lebensumgebung zurückgewinnen: Eine das Leben für alle bereichernde Landschaft muss endlich zur politischen Kategorie werden.
ISBN 978-3-85033-923-0
€ 22,50
Schloss Ludwigsburg und die Formierung eines reichsfürstlichen Gestaltungsanspruchs
Ulrike Seeger
Schloß Ludwigsburg gehört zu den am prächtigsten ausgestatteten Barockschlössern Europas. Das vorliegende Buch widmet sich der Frage, wie es bei dem von Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg 1704 begonnen Bau trotz schwieriger Voraussetzungen zu dem erstaunlich hohen künstlerischen und konzeptionellen Niveau kam.
Wie brachte man in Erfahrung, was zu leisten wäre, um baulich und ausstattungstechnisch anderen Fürsten des Reiches auf Augenhöhe zu begegnen? Künstlernetzwerke, höfische Druckgraphik, vor allem aber die durchgehende Orientierung an ranghöheren Höfen inner- und außerhalb des Reichsverbands gaben den Weg vor, der dank der sehr guten Quellenlage detailliert nachvollzogen werden kann. Außer an der von Johann Friedrich Nette konsequent hierarchisierten Gesamtanlage von Schloss und Garten zeigte sich der reichsfürstliche Gestaltungsanspruch im Inneren, das in weiten Teilen für die Zeit bis 1716 in diesem Buch erstmals rekonstruiert wird.
ISBN: 978-3-412-51827-1
90,00 €
Atlas des Habsburgerreiches
Neu herausgegeben und mit einem Vorwort von Peter Jordan.
Wenn man die Landkarte Europas mit jener vor 100 Jahren vergleicht, stellt man fest, dass heute nicht weniger als 13 Staaten zur Gänze oder zum Teil auf dem Gebiet der einstigen Österreichisch-Ungarischen Monarchie liegen: Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Serbien, Montenegro, Italien, Ungarn, die Slowakei, Tschechien, Polen, Rumänien, die Ukraine und Österreich.
Johann Georg Rothaugs „Geographischer Atlas zur Vaterlandskunde an den österreichischen Mittelschulen“ gehört zu den beeindruckendsten Atlanten aus der Kaiserzeit. Eindrucksvoll und präzise dokumentiert dieses Kartenwerk das territoriale Gefüge des Habsburgerreiches. Der Band enthält eine große Zahl von Übersichtskarten, Länderkarten und Umgebungsplänen von Städten. Der Kulturgeograph und Kartograph Peter Jordan hat es übernommen, eine Neuauflage des 1911 von Johann Georg Rothaug bei Freytag & Berndt herausgegebenen Werkes zu betreuen und mit einer Einleitung zu versehen.
Zusätzlich bietet diese Ausgabe wertvolle historische Grafiken aus A. L. Hickmanns „Geographisch-statistischem Taschen-Atlas von Österreich-Ungarn“. Statistische Tabellen zur politisch-territorialen Gliederung und zur Bevölkerung Österreich-Ungarns ergänzen das Werk.
ISBN: 978-3-9504199-4-8
€ 29,90
Zur Geschichte der österreichischen Denkmalpflege
Die Ära Helfert, Teil II: 1892 bis 1910
Die Publikation befasst sich mit der Geschichte der „Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der kunst-und historischen Denkmale“ unter der Präsidentschaft Joseph Alexander Freiherr von Helferts in den Jahren 1863 bis 1910. Zuständig für die gesamte cisleithanische Reichshälfte der Österreichisch-ungarischen Monarchie hatte die Kommission mit Sitz in Wien die Aufgabe mit Unterstützung ehrenamtlicher Mitglieder vor Ort den Denkmalbestand der Kronländer zu erforschen und für dessen Schutz und Erhaltung zu sorgen.
Unter Heranziehung von umfassendem Archivmaterial und Sekundärquellen werden Aufbau und Organisation der nach den Sachgebieten Archäologie, Kunstgeschichte und Archivwesen in drei Sektionen gegliederten Kommission und ihr struktureller Wandel im Übergang vom Historismus zur Moderne aufgezeigt. Es werden bedeutende Persönlichkeiten und Objekte in den einzelnen Kronländern vorgestellt und anhand von Fallbeispielen die praktische Tätigkeit der Denkmalpflege erläutert. Die Bemühungen um ein Denkmalschutzgesetz werden nachvollzogen und die von der Kommission herausgegebenen Buchreihen, Einzelpublikationen und periodischen Schriften vorgestellt. Ein weiteres Kapitel ist der überregionalen Vernetzung und dem Wissensaustausch bei Kongressen und Tagungen gewidmet.
Der 2. Teil der Publikation zeigt den durch Alois Riegl begründeten und von Max Dvorák konsolidierten Weg in eine moderne Denkmalpflege auf, deren Leitlinien noch heute gültig sind.
Böhlau Verlag
€ 93,00
978-3-205-21015-3
Die Villen von Pötzleinsdorf
Wenn Häuser Geschichten erzählen
Sommerfrische in Wien
Um 1850 lockt der nahe Wienerwald mit seiner herrlichen Natur zahlreiche Wiener nach Pötzleinsdorf. Anfangs kommen sie nur zur Sommerfrische, doch bald suchen die illustren Gäste dauerhaft Erholung am Stadtrand. Die Geymüllers erbauen bereits Anfang des 19. Jahrhunderts das gleichnamige Schloss, das später in den Besitz der Industriellenfamilie Mautner übergeht, die Familien Spiegler und Regenstreif, der Staatsanwalt und General prokurator Robert Winterstein sowie zahlreiche Bankiers, Verlagsbesitzer, Rechtsanwälte und Unternehmer lassen sich in repräsentativen Villen nieder. Künstler wie die
Bildhauer Franz Barwig oder Josef Heu lassen sich hier zu neuen Werken inspirieren. Doch das Jahr 1938 wird vielen Villenbesitzern zum Schicksal …
Mit dem ihr eigenen Gespür für besondere Lebensgeschichten gibt Marie-Theres Arnbom so manchem Bewohner seine Geschichte zurück. Ihre historische Entdeckungsreise führt sie nicht nur zu bekannten und vergessenen Häusern, sondern diesmal auch tief in ihre eigene Familiengeschichte, die eng mit Pötzleinsdorf verbunden ist.
ISBN 978-3-99050-172-6
€ 26,00
Impressum
Konzept, Text und Inhalt: Dr. Therese Backhausen