Frühlings Newsletter 2020
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Regierungsprogramm 2020 – 2024: Die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur in Österreich stärken
Wir möchten Sie informieren, dass unsere Vorarbeit zarte Knospen trägt, denn unsere Forderungen, verbesserte Rahmenbedingungen für unsere historischen Gebäude zu schaffen, wurden auch in das neue Regierungsprogramm 2020 – 2024 aufgenommen. Dennoch braucht es noch viel Arbeit, um das Bewusstsein für den Erhalt unserer Historischen Gebäude – und dies wird aufgrund der aktuellen Situation schwierig werden – auf beiden Seiten der Regierungsparteien zu schärfen.
Zusammenfassung Regierungsprogramm 2020-2024 bitte hier klicken…
MONUMENTO SALZBURG 2020
Anton Revertera, Dr. Therese Backhausen, Dominik Grundemann, Dr. Imma Walderdorff, Dr. Georg Spiegelfeld, HR Dr. Roland Gobiet
Eröffnung © Habring
Anton Revertera
Die Fachmesse MONUMENTO 2020 fand heuer in ihrer fünften Auflage vom 5. bis zum 7. März im Messezentrum Salzburg statt. Mit rund 2.200 Besucherinnen und Besuchern kamen doch deutlich weniger als vor zwei Jahren, was womöglich auf die herannahende Corona-Situation zurückzuführen gewesen sein dürfte.
Jene, die gekommen waren, konnten sich wie gewohnt in vielfältiger Weise über die Themen Kulturerbe, Denkmalpflege, Restaurierung und traditionelles Handwerk informieren. Insbesondere richtete sich die Messe an alle Interessierten, Architekten, Bauleiter sowie Gemeindevertreter.
Der Verein Historische Gebäude Österreich war wieder mit einem Stand vertreten, den er sich in bewährter Weise mit der Gesellschaft für Landeskunde und Denkmalpflege Oberösterreich (GLD) und der Denkmalwerkstatt unseres Schatzmeisters Dr. Georg Graf Spiegelfeld teilte. Betreut wurde unser Gemeinschaftsstand von der Spiegelfeldschen Mitstreiterin und Kunsthistorikerin Dr. Imma Gräfin Walderdorff, Georg Spiegelfeld selbst, vonseiten des VHGÖ von Dr. Therese Backhausen und dem Salzburger Landesdelegaten Anton Graf Revertera sowie von GLD-Geschäftsführer Mag. Paul Winkler und dem GLD-Präsidenten Dominik Graf Grundemann.
Das Resümee der Messe fiel trotz Besucherrückgangs durchaus positiv aus. „Die MONUMENTO Salzburg war in ihrer fünften Auflage einmal mehr Drehscheibe für Networking und den länder-übergreifenden Austausch von Ausstellern und Besuchern“, war im Nachklang von der Geschäftsleitung der Messe zu hören. „Wir freuen uns, vor allem auch junge, in Ausbildung stehende Menschen für Kulturerbe, Denkmalpflege und traditionelles Handwerk begeistert zu haben. 140 Aussteller aus zehn Ländern präsentierten eindrucksvoll ihre Expertise in den Bereichen Kulturerbe, Restaurierung, Handwerk und Denkmalpflege. Dazu gab es für Besucherinnen und Besucher die einmalige Gelegenheit, sich mit modernen Technologien wie etwa Schadensanalyse mittels Drohnenfotografie oder 3D-Druck vertraut zu machen.“
Tatsächlich lassen sich 140 Aussteller aus zehn Ländern durchaus sehen, und auch das dichte Rahmenprogramm ließ mit an die 100 Diskussionen und Vorträge wenig zu wünschen übrig. Als besonderer Publikumsmagnet erwiesen sich hierbei die vielen hochkarätigen Podiumsdiskussionen, allen voran das Kulturgespräch „Overtourism – Segen und Fluch“, dessen Diskutanten Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft waren. Unter der Leitung von Dr. Hedwig Kainberger, Kulturressortleiterin der Salzburger Nachrichten, diskutierten unter anderem Salzburgs Bürgermeister DI Harald Preuner, der Botschafter der Stadt Florenz Emanuele Amodei und Prof. Dr. Kurt Luger, UNESCO-Lehrstuhlinhaber für Kulturelles Erbe und Tourismus an der Universität Salzburg.
Ein weiterer Höhepunkt war, wie schon bei der MONUMENTO 2018, ein Vortrag von ORF-Anchorman Mag. Tarek Leitner. Diesmal ging es um „Gestalten statt Verschandeln – Wider die Wegwerfarchitektur“, ein Vortrag, der bei zahlreichen fachkundigen Besucherinnen und Besuchern großen Anklang fand.
Eröffnung durch Staatssekretärin Mag. Ulrike Lunacek ©Habring
© Habring
©Habring
Vortrag Mag. Tarek Leitner ©Habring
Erstmals führte der Österreichische Restauratorenverband seine Fachtagung auf der MONUMENTO Salzburg durch. Dabei wurde vor allem die sich bietende Kombination aus Messe und Tagung von den Mitgliedern geschätzt und ausgiebig genutzt.
Im Rahmen der Messe präsentierte sich auch das europäische Netzwerk HERIFAIRS, dessen Mitglied die MONUMENTO Salzburg ist. Ein diesbezüglicher Höhepunkt war die Aufnahme der Heritage Istanbul, deren Veranstalter auch in Salzburg zugegen war, als neues Mitglied im Netzwerk.
Vonseiten des VHGÖ kann abschließend resümiert werden, dass die MONUMENTO neben der einen oder andere Neumitgliedschaft und vielen interessanten Gesprächen natürlich grundsätzlich eine Veranstaltung ist, auf die wir inhaltlich zweifelsohne hingehören. Es muss allerdings auch festgehalten werden, dass die vor Ort anwesenden Betreuer unseres Standes sich unisono des Eindrucks nicht erwehren konnten, dass die Veranstaltung – zumindest in der diesjährigen Auflage – praktisch eine reine Insider-Messe war und dass es nicht gelungen ist, interessiertes Publikum aus der Bevölkerung abseits der Aussteller sowie deren Gefolge und vereinzelten geladenen Gästen zu einem Messebesuch zu animieren. Ob dies ausschließlich auf den uns momentan dominierenden Coronavirus COVID-19 zurückzuführen ist, wird sich beim nächsten Mal weisen.
Studie über Heritage Houses for Europe
Klicken Sie auf das Bild, um das Video abzuspielen
Mag. Christoph und Dr. Nicola Rath © www.meisterstrasse.com
LEIDENSCHAFT FÜR MEISTERLEISTUNGEN
Interview: Therese Backhausen
DIE MEISTERSTRASSE. Gründer Mag. Christoph Rath über seine Plattform für Handwerk und Manufaktur, die ein Nachschlagewerk für Meisterliches ist.
VHGÖ: Sie gründeten Ende der 1990er Jahre gemeinsam mit Ihrer Frau eine Internetplattform, die Sie Meisterstrasse nennen. Was waren Anlass und Idee dahinter?
Christoph Rath: Im Rahmen eines EU-Projekts zur Regionalentwicklung im Salzkammergut vertraten meine Frau, Dr. Nicola Rath und ich den Ansatz, das regionale Handwerk mit dem Tourismus zu verknüpfen und so die Gäste zu Kunden der regionalen Wirtschaft und Unterstützern der dort sehr ausgeprägten Handwerkskultur zu machen.
Wir gründeten eine Agentur für Handwerk, sammelten interessante Geschichten über einzigartige Handwerker, engagierten gute Fotografen und publizierten die Edition MEISTERSTÜCKE als Führer durch die besten Werkstätten. Von Anfang an teilten wir diese Impressionen auch im Internet, wo wir jetzt eine Suchmaschine für Handwerk und einen Webshop betreiben: www.meisterstrasse.com
VHGÖ: Erzählen Sie uns von Ihrer Leidenschaft zum Handwerk, zum Design und zu künstlerischer und kulinarischer Kreativität.
Ch.R.: Die Basis ist die Begeisterung für das Echte, das authentische Gebäude ebenso wie jedes andere einzigartige handwerkliche Produkt. Es hat einen Sinn, einen Zweck und eine Form, die je nach Region und Werkstätte unterschiedlich ausgeprägt sein kann und bestenfalls den Wünschen des Auftraggebers individuell angepasst ist. Es sind Meisterleistungen, die unter der Verwendung bester Materialien auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet sind.
VHGÖ: Durch Meisterleistungen haben sich ja schon Ihre Vorfahren ausgezeichnet. Ihr Urururgroßvater gründete 1823 das Familienunternehmen J&L Lobmeyr. War sein Anspruch an Qualität und Ästhetik Input für Ihre Gründung?
Ch.R.: Weniger er, als sein Enkel, mein Urgroßvater, Stefan Rath, der den alten Lobmeyr vom Historismus in die Moderne führte. Er pflegte Freundschaften mit den großen Architekten seiner Zeit wie Adolf Loos und Josef Hoffmann und beteiligte sich maßgeblich am Aufbau der Wiener Werkstätten und des Österreichischen Werkbunds. Nach dem Krieg gründete mein Großvater, Hans Harald Rath gemeinsam mit Josef Hoffmann, Carl Auböck, John Backhausen, u.a. die Österreichischen Werkstätten und sie alle knüpften mit funktionellem Design, guten Materialien und solider Handwerkskunst an die Grundsätze der Wiener Werkstätte an. Die Gründung von Institutionen zur Förderung und Vermarktung handwerklicher Produkte hat also Tradition in der Familie.
VHGÖ: Ihre Onlineplattform listet unzählige Handwerksbetriebe auf, sortiert nach Themen und Branchen. Wie begeben Sie sich auf die Suche nach geeigneten Betrieben? Wie muss man sich das vorstellen, wie kommen Sie zu Ihren Mitgliedern und wie viele Nutzer haben Sie inzwischen?
Ch.R.: Aktuell sind rund 5.000 Produzenten unterschiedlichster Branchen und Betriebsgrößen aus sechs Ländern gelistet. In den Aufbaujahren haben wir wirklich alle Betriebe persönlich besucht, später haben wir auch Empfehlungen von Mitgliedern selbst, von regionalen und lokalen Netzwerken, Branchenvertretern und auch öffentlichen Institutionen (z.B. Kammern) als Basis für die Recherchen herangezogen. Heute können sich die Handwerker online bewerben und wir bekommen auch laufend Empfehlungen von den Besuchern unserer Website, also den Kunden selbst, die uns ihre handwerklichen „Lieblinge“ verraten. Alle jene werden nach einer formellen und inhaltlichen Kontrolle angeschrieben und dann online gestellt.
VHGÖ: Und welche Voraussetzungen muss eine Firma haben, um von Ihnen aufgenommen zu werden?
Ch.R.: Das Unternehmen muss selbst produzieren – in nicht-industrieller Größenordnung – oder individuelle, handwerkliche Dienstleistungen anbieten sowie den höchsten Qualitätsanspruch verfolgen. Die Grundvoraussetzungen sind also sehr allgemein gehalten und über eine Registrierung wird dann von unserem Team im jeweiligen, individuellen Fall entschieden. So finden sich Betriebe unterschiedlichster Branchen, Größenordnungen und Kategorien auf der Meisterstrasse – vom Ein-Mann-Betrieb bis zur seriell fertigenden Manufaktur, vom Kunsthandwerker bis zum kulinarischen Spezialitätenproduzenten.
VHGÖ: Was genau werden Nutzer, wie z.B. Besitzer eines historischen Gebäudes, bei Meisterstrasse finden?
Ch.R.: Neben Restauratoren, Steinmetzen, Schindelmachern, Vergoldern, Uhrmachern, etc. finden sich auch hunderte Tischler, Spengler und sonstige Gewerke des Baugewerbes. Es ist unser Ziel, den Bereich Denkmalpflege auszubauen und so eine unabhängige Empfehlungsplattform zu schaffen, die die besonderen Ansprüche von Besitzern historischer Gebäude abdeckt. Wir selbst sind Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses an der Nordsee in Schleswig-Holstein und waren bei der umfangreichen Renovierung vor mittlerweile drei Jahren froh über jede Empfehlung von im Denkmalbereich empfohlenen Professionisten – einige holten wir sogar aus Österreich in den Norden, andere fanden wir in der nächsten Umgebung, wie den traditionellen Reetdachdecker aus dem Nachbarort.
VHGÖ: Sind Sie außerhalb Österreichs auch vernetzt? Zu welchen Ländern pflegen Sie Kontakte?
Ch.R.: Im Augenblick finden sich Partnerbetriebe aus dem deutschsprachigen Raum (Österreich, Deutschland, Schweiz), aus Holland, Japan, England, Italien und Israel auf unserer Plattform. Momentan intensivieren wir die Kontakte zu unseren japanischen Partnern durch spannende Kooperationen im Handwerks- und Designbereich sowie zu Thailand, wo wir mit einer von Königin Sirikit ins Leben gerufenen Stiftung für hochqualitatives, thailändisches Handwerk zusammenarbeiten.
VHGÖ: Sie denken also auf lange Sicht größer?
Ch.R.: Durch unsere unzähligen handwerklichen Forschungsreisen in europäische und außereuropäische Länder lernten wir nicht nur außergewöhnliche Handwerker, allesamt Meister ihres Faches, kennen, es wurde uns vor allen Dingen bewusst, wie ähnlich Leidenschaft, Begeisterung und Philosophie bei handwerklichen Meistern rund um den Globus sind. Es gibt unserer Ansicht nach eine „gemeinsame Sprache“, einen „gemeinsamen Geist“ im Handwerk – ganz über herkömmliche Sprachgrenzen hinweg. In diesem Sinne also ja und nein: wir denken groß, indem es unser Ziel ist, die größte und umfangreichste, internationale Plattform für Handwerk und Manufakturen zu sein, andererseits bleiben wir hier und anderswo immer dem Handwerk und seinen regionalen Besonderheiten treu.
VHGÖ: Letztendlich ist entscheidend, dass Angebot und Nachfrage zusammenpassen, dass so eine Plattform ihren Mitgliedern bzw. Kunden einen entsprechenden Mehrwert bietet. Ist das das Ziel?
Ch.R.: Wir bieten Anregungen, erzählen Geschichten über außergewöhnliche Menschen und ihre Produkte, schlagen Handwerker und Produkte vor. Unsere Plattform ist wie ein großer Marktplatz, von dem viele Meisterstrassen abzweigen. Die Vielfalt des Handwerks, die wir in den gedruckten Guides zeigen können, lässt sich im Internet perfekt nach Themen, Branchen und der Entfernung zum Kunden filtern, wodurch das Angebot transparenter und übersichtlicher wird. Ergänzt wird diese Informationsplattform im Augenblick durch einen Webshop, in dem virtuell ganz analoge Produkte betrachtet und gekauft werden können.
VHGÖ: So positiv das klingt, aber welchen Mehrwert haben Sie?
Ch.R.: Jeder noch so idealistischer Unternehmenszweck braucht ein wirtschaftliches Fundament und das sind bei uns die vielen kleinen Jahresbeiträge unserer Partnerbetriebe, die Erlöse aus Veranstaltungen und ein wachsender Anteil aus den Verkäufen der Produkte im Webshop.
Der wahre Mehrwert ist aber, dass wir unser Arbeitsleben als Selbständige mit spannenden Unternehmerpersönlichkeiten und schönen Produkten verbringen dürfen.
VHGÖ: Herr Mag. Rath, vielen Dank für das Interview.
DIE SAMMLUNGEN DER FÜRSTEN ESTERHÁZY
Schloss-Esterhazy
Therese Backhausen
Die großen Adelsfamilien waren es, die neben den kaiserlichen Sammlungen ab dem 17. Jahrhundert umfangreichen Kunstbesitz aufbauten. Die gewaltige, über sechs Generationen und mit zunehmender Kennerschaft der Fürsten gewachsene Sammlung Esterházy spielte im Konzert der großen Adelssammlungen eine herausragende Rolle. Bücher, Waffen und Uniformen, Schatzkunst, Gemälde, Grafik und Bildhauerei, Objekte der Musik, Textil- und Gartenkunst, Globen und Mineralien, Tafelkultur wie Porzellan und Gläser sowie andere kunstgewerbliche Werke, allesamt von hoher Qualität, waren Kostbarkeiten europäischer Kultur. Die Sammlung ist Spiegel der ungarisch-österreichischen Geschichte und zeigt den Aufstieg einer Familie zu einem der blühendsten und bedeutendsten Adelshäuser Europas. Sie ist heute großteils zerstreut, denn Verkäufe, Schenkungen, Stiftungen und enorme Kriegsverluste samt Enteignungen im 20. Jahrhundert dezimierten den einstmals gigantischen Bestand auf ein Drittel.
Alles begann mit Nikolaus Graf Esterházy (1582–1645), einem der Stammväter der Dynastie. Er war Spross einer kleinadeligen Familie aus Galántha nahe Preßburg, dem nach seiner Vertreibung aus dem väterlichen Haus aufgrund von Glaubensstreitigkeiten zu Beginn des 17. Jahrhunderts im türkisch besetzten Ungarn ein sagenhafter Aufstieg zum Palatin, dem formellen Stellvertreter des Königs, gelang. Er legte den Grundstein zu dem riesigen Besitz. Die späteren Stammsitze Burg Eisenstadt und Burg Forchtenstein sind Erwerbungen aus jener Zeit. Hof hielt er im damals westungarischen Schloss Lackenbach, wo er eine große Bibliothek gründete. Seine Sammlung von Preziosen und Uhren bildete den Grundstock der von seinem Sohn eingerichteten und nach wie vor bestehenden Schatzkammer auf Burg Forchtenstein. Ein osmanisches Prunkzelt aus dieser Zeit ist heute noch zu bestaunen.
Sein Sohn und erster Fürst, Paul I. Esterházy (1635–1713), eine der markantesten Persönlichkeiten der Esterházys, nutzte die politischen und materiellen Voraussetzungen und vermehrte besonders die Kunstsammlungen. Im nunmehr zum Barockschloss umgebauten Eisenstadt legte er, der vielfältige Interessen wie Musizieren, Tanzen und Komponieren hatte, mit seiner Sammeltätigkeit zeitgenössischer italienischer, niederländischer und deutscher Schulen den Grundstock der Esterházyschen Gemäldesammlung. Auch die mit rund 400 barocken Porträts ausgestattete Ahnengalerie auf Burg Forchtenstein, die den Anspruch der Familie als ungarische Magnatendynastie legitimieren sollte, geht auf Paul I. zurück. Dort richtete er gegen Ende des 17. Jahrhunderts auch die noch original erhaltene Schatzkammer ein, die er mit Kostbarkeiten der Gold- und Silberschmiede sowie Familienstücken aus der Sammeltätigkeit seines Vaters zu einer kuriosen und lehrreichen, Flora und Fauna, Ethnographie, Kunst und Wissenschaft umspannenden Kunst- und Wunderkammer ausbaute, die sich durchaus mit den großen Wunderkammern der deutschen Fürstenhöfe messen konnte. Nach Pauls Tod nicht mehr Wohnort, war Forchtenstein fortan Verwahrort für Waffen und Ausrüstungsgegenstände wie Musketen, Kürasse und Sturmhauben, aber auch prachtvolle Jagdwaffen. Paul I. Fürst Esterházy de Galántha war es auch, der mittels des bis zum Jahr 1939 bestehenden Primogenitur-Fideikommiss den Besitz als unveräußerliches Familieneigentum sicherte.
Besonders Bücher zählten zur Leidenschaft des Fürsten Paul II. Anton (1711–1762), des dritten Sammlers, der generationsmäßig schon ganz der Aufklärung angehörte. Als kaiserlicher Gesandter am Hof in Neapel nutzte er den italienischen Kunstmarkt für sich. Daneben kaufte er französische Belletristik und im großen Stile auch Noten. Musikgeschichtlich bedeutend ist Fürst Paul II. wegen seiner Anstellung Joseph Haydns als Hofkapellmeister.
Als „der Prachtliebende“ bekannt, setzte sich sein Bruder, Fürst Nikolaus I. (1714–1790), mit der Errichtung des Schlosses Esterházy in Fertöd, das heute zu den größten Rokokoschlössern Ungarns zählt, ein nachhaltiges Denkmal. Französisches Rokoko sowie Porzellan aus Meissen, Sevres und Wien, Asiatika, zwei Bibliotheken sowie eine auf circa 350 Gemälde angewachsene Galerie bestimmten die Ausstattung von Schloss Esterháza. Möbel und Gegenstände aus der Porzellan- und Silberkammer sind heute in der Esterházy-Privatstiftung erhalten.
Unter Fürst Nikolaus II. (1765–1833), dem Enkel des „Prachtliebenden“, wurde nicht nur die fürstliche Hofkapelle zu einem Zentrum europäischer Musikkultur, seine Zeit gilt auch als Höhepunkt der systematischen Esterházyschen Sammelleidenschaft. In diese Ära fällt die Wiedereinstellung von Joseph Haydn, aber auch ein Bilderzuwachs, der sich nicht nur aus bedeutenden Sammlungen wie Borghese, Barberini oder Burke rekrutierte, sondern auch deshalb erfolgte, weil der Fürst vieles bei den bedeutendsten Meistern seiner Zeit in Auftrag gab. Werke von Correggio, Tintoretto, Andrea del Sarto, Anton Raphael Mengs, Jacob Philipp Hackert, van Dyck, Lorrain oder Goya, Murillo und El Greco wurden erworben. Eines der herausragendsten Bilder war die sogenannte „Esterházy-Madonna“ von Raffael, die sich heute im Museum der Bildenden Künste in Budapest befindet. Die auf 70.000 Bände angewachsene Bibliothek vereinte er im 1814 erworbenen und im Jahr 1970 bedauerlicherweise demolierten, als Kunstmuseum etablierten Wiener Gartenpalais in Mariahilf mit der hochkarätigen Gemäldesammlung, einer Grafik- und Kupferstichkollektion, einer Palette an Mineralien sowie einer zeitgenössische Skulpturensammlung mit Artefakten von Canova über Schadow bis Thorvaldsen. Das Museum war an bestimmten Tagen der Allgemeinheit zugänglich. Die Sammlungen Nikolaus’ II. zählten zu den bedeutendsten europäischen Kollektionen ihrer Zeit.
Schon zu seinen Lebzeiten geriet das fürstliche Haus Esterházy in finanzielle Schwierigkeiten, denn Sammelleidenschaft und ausschweifender Lebensstil des Fürsten führten das Haus an den Rand des Bankrotts. Nach seinem Tod – er starb in desolaten finanziellen Verhältnissen – wurde sein Werk in alle Winde zerstreut. Die von seinen Nachfahren 1864/65 nach Budapest gestiftete Gemäldegalerie kam beispielsweise 1875 gegen eine einmalige Zahlung und als Ausdruck ungarischen Nationalbewusstseins in den Besitz des ungarischen Ärars und bildet heute einen wesentlichen Teil sowie überhaupt den Grundstock des Museums der Bildenden Künste in Ungarns Hauptstadt. Genauso geschah es mit der grafischen Sammlung. Auch die Skulpturensammlung ist heute zerstreut. Mit dem Vertrag von Trianon 1920 sollten schließlich die riesigen Güter der Familie in einen österreichischen und einen ungarischen Teil getrennt werden.
In diesem Jahr trat Paul V. Fürst Esterházy (1901–1989), der sich für die ungarische Staatsbürgerschaft entschied, als damals 19-Jähriger das Erbe an. In seine Zeit fällt die Wiederentdeckung der seit dem 18. Jahrhundert vergessenen Schatzkammer auf Burg Forchtenstein, von der einige der wertvollsten Werke dem Kunstgewerbemuseum in Budapest geliehen wurden; diese kamen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wieder an den Fürsten zurück, der sie in seinem Palais in Budapest aufbewahrte. In den Turbulenzen nach dem Krieg wurden sie beschädigt und vom ungarischen Staat, der sie übernommen hatte, restauriert. Ein Teil dieser Forchtensteiner Stücke wird bis heute im Kunstgewerbemuseum Budapest verwahrt; sie gelten als Höhepunkt der neuzeitlichen Kollektionen von Gold- und Silberschmuck, Schatzkunst und Textilien. Die Münzsammlung aus Forchtenstein ist jetzt im Ungarischen Nationalmuseum zu bestaunen. Der Verlust riesiger ungarischer Esterházy-Besitzungen nach 1945 samt Einkerkerung des Fürsten bereiteten den Sammlungen im Burgenland angespannte Zeiten. Nach dem Tod des Fürsten im Jahr 1989 wurden neben den fürstlichen Gütern auch die verbliebenen Sammlungen in Privatstiftungen eingebracht und seitdem, nach einer Zeit des Vergessens und Verschließens in Depots, wissenschaftlich aufgenommen und restauriert.
Als „Esterházy Kultur“ werden die Sammlungen in den Schlössern Eisenstadt und Lackenbach sowie auf Burg Forchtenstein betreut, wo sich immer noch die Waffen- und Zeughausbestände sowie die bedeutende barocke Schatzkammer samt verbliebenem Inventar befinden. Im Eisenstädter Schloss werden neben den Repräsentationsräumen mit ihren kostbaren Papiertapeten auch Werke höfischen Wohnens gezeigt, die aus den umfangreichen Beständen der Sammlungen für Tafelsilber, Porzellan, Mobiliar, Bücher, Graphiken und Gemälden der Esterházy-Privatstiftung stammen.
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